Kurzfristig reingerutscht, aber was solls, Hauptsache wir kommen zu unserem
Livedebüt, also nehmen wir dankbar an. Recklinghausen ist schließlich nicht
weit, da werden schon genug Bekannte, Verwandte, Freunde und Feinde kommen.
Bevor es allerdings soweit ist, heißt es für uns eine Woche lang jeden Tag
proben, haben wir doch erst sieben Songs formvollendet, was für ein Konzert ja
ein wenig mager daherkommt. Am Ende der Woche pünktlich zu unserer
Generalprobe vor geladenem Publikum in unserem Hauptquartier ist unser
Repertoire dann auch tatsächlich auf ansehnliche neun Songs
angestiegen, allerdings hat das viele Proben und anschließende Feiern auch
den Nachteil, dass STEVO SALTIMBOCCA völlig vergrippt ist und ARNOLDO BENZINI
zumindest eine fette Erkältung vorweisen kann. Nicht gerade die besten
Bedingungen für gelungene Auftritte eigentlich, aber was soll ich sagen... et
hätt noch immer jodjejange. Die Generalprobe klappt bestens, soll heißen, wir
verspielen uns munter drauflos, aber so muss das ja auch sein, denn
merke: Scheiß Generalprobe = super Auftritt, das hab ich von meinen
Theaterfreunden hier aus Bochum gelernt.
AM TAG DES GESCHEHENS: Arnoldo, Fab und meine Vielseitigkeit Uwe Umbruch
treffen uns gegen 16 Uhr am Hauptquartier, laden ein, reden kurz, fahren los
und sind dank eines kurzen Staus auch pünktlich am AKZ, wo schon unser ganz
privater Mischer, Freund und Checker MEISTER BEAKER wartet. Kurzes Hallo, dann
schnell alles ausladen. GUITARSHOP ASSHOLE kommen auch flugs dazu und machen
einen netten Eindruck, haben die Tätowierungen an den richtigen Stellen und
tragen ANTI FLAG Shirts, das können also keine schlechten Menschen sein. Der
Aufbau Ost geht gut voran, der Soundcheck mit Meister Beaker verläuft kurz
und knackig, also Zeit für'n Bier und Zeit zum Warten... Warten auf Stevo
Saltimbocca, der vorher noch arbeiten muss und seinen knackigen Mäusearsch um
19 Uhr erst ins AKZ packen kann... das aber nicht tut! Um 20 Uhr ist der Mann
immer noch nicht da, wir sollen aber um 20.30 Uhr pünktlich beginnen. Wir
überlegen schon, als Trio zu beginnen und tupfen uns gegenseitig den Schweiß
von der Stirn, als gegen 20.15 Uhr ein sichtlich gutgelaunter und entspannter
Stevo anrauscht, nun kann das Fest also beginnen.
Ca. 80 Leute haben sich eingefunden, darunter reichlich
Szeneprominenz, u.a. sehe ich Gestalten von den VAGEENAS, SSkaliert, dann noch
einen, der einen kennt, dessen Schwester mal mit einem von DIE ÄRZTE ein Bier
getrunken hat und viele mehr. Ja ja, all das geht mir durch den Kopf, während
wir mit unserem ersten Song WHAT'S YOUR NAME beginnen. Jetzt kommt die
Stelle, wo ich gerne schreiben würde, dass sich sofort ein Pogomob
bildet, leider passiert das nicht, vor mir sehe ich Menschen, die angeregt
unsere filligrane Spieltechnik studieren, die aufmerksam unseren Texten und
Ansagen zuhören und die hinterher wie in Trance Beifall klatschen. Manche
Menschen beobachte ich auch dabei, wie sie unsere Texte mitsingen als seien
es Manifeste in Stein gemeißelt, wieder andere haben die Augen geschlossen
und genießen einfach nur. Ihr glaubt ich übertreibe? NEIN!!
Nach unserem letzen Song, einem Neuling namens RADIO MON AMOUR, ist Schluss und
wir geben keine Zugabe, denn a) können wir nicht mehr und b) dürfen wir nicht
mehr. Alle sind klatschnass, aber voll mit Wissen, dass hier gerade großes, neues
Leben entsteht. Unsere Spielerfrauen kommen zu uns in die Kabine und
berichten von sektenartigen Zuständen unter dem Publikum und wir überlegen,
ob wir uns nicht vielleicht umbenennen sollten in BHAGWAN MON AMOUR. Nach
einer kurzen Umbauphase beginnen dann GUITARSHOP ASSHOLE mit ihrem
Set, leider sind viele Zuhörer schon zum nächsten Event gereist, spielen doch
am selbigen Abend noch TOXOPLASMA in Oberhausen. Was sie verpasst haben? Kann
ich nicht genau sagen, bin zu sehr damit beschäftigt, mich angeregt zu
unterhalten, glaube aber, Stromgitarren vernommen zu haben und wenn ich nicht
irre, war auch Bass, Schlagzeug und Gesang dabei, aber nichts Genaues weiß man
eben nicht.
Irgendwann ist das alles vorbei und wir fahren zur Aftershow Party ins
heimische Bochum in die heilligen Hallen des OBLOMOVS, wo wir unsere Gage
komplett in flüssiges Gold verwandeln. Wir halten die Krüge wie Pokale in den
Himmel und das Volk liegt uns zu Füßen, will nicht mehr von uns lassen, will
uns anfassen. Plötzlich werde ich wach und meine Freundin hält mich im
Arm, während sie sagt: "Willst du nicht doch besser zum Arzt, das Fieber ist
angestiegen."
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